Die Bedeutung von Range Cards für das Long Range Schießen
Einführung
Erfahrene Long-Range-Schützen wissen: Entfernungsschätzung und Zielerfassung sind entscheidende Faktoren für einen präzisen Schuss auf große Distanzen. In der militärischen Welt verwenden Scharfschützen sogenannte Range Cards, um ihre Feuerbereiche visuell und taktisch aufzubereiten. Diese Methode lässt sich hervorragend auch auf den zivilen Bereich – insbesondere Long Range Shooting, PRS-Wettkämpfe oder jagdliche Anwendungen – übertragen.
Ob du nun eine Schießbahn, ein weiträumiges Jagdrevier oder ein PRS-Feldparcours beobachtest – eine gut ausgearbeitete Range Card gibt dir einen systematischen Überblick über dein Schussfeld und ermöglicht es, Distanzen blitzschnell einzuschätzen, Haltepunkte (Holdovers) vorzumerken und taktisch vorausschauend zu agieren.
Warum Range Cards beim Long Range Shooting Sinn ergeben
Auch wenn du keinen Sektor verteidigst oder keine Feuerleitstelle mit Informationen versorgst, ist der praktische Nutzen enorm. Eine Range Card unterstützt dich dabei:
- markante Geländeobjekte vorzumarken und exakt zu vermessen
- Referenzpunkte (TRPs) festzulegen, um Ziele schneller zu identifizieren
- typische Entfernungen zu erkennen und Haltepunkte vorzubereiten
- Windbedingungen über den Sektor hinweg zu analysieren
- Zielbereiche mit Totzonen (Dead Space) frühzeitig zu erkennen
- Schussplanung, Zielübergaben und Kommunikation im Team zu beschleunigen
Ob bei einem Match, einer Bewegungsjagd oder einem ausgedehnten Schussfeld im Gebirge – Range Cards machen dich schneller, sicherer und planvoller.
Aufbau einer effektiven Range Card
Die typische Range Card wird halbtechnisch, halb-skizzenhaft angelegt – entweder in einem Schützen-Logbuch oder digital. Sie besteht aus:
1. Zentrale Markierung deiner Schützenposition
- Mit Angabe des Waffentyps (z. B. .308 Win, 6.5 Creedmoor, .338 LM)
2. Kreisskala zur Entfernungsdarstellung
- Typisch: konzentrische Kreise à 100 m oder 200 m
- Maßstab abhängig vom Sichtfeld (z. B. 0–1.200 m)
3. Feuersektor mit TRPs
- Eingezeichnete Geländeobjekte, wie: Baumgruppen, Hochsitze, Gebäude, Straßenkanten
- Mit Namen versehen: z. B. „Eiche links“, „Bachquerung“, „Felsen rechts“
- Je nach Bedarf zusätzlich Höhenlinien und Geländeformen
4. Datenbereich
- Für Haltewerte (Holdover), Windkorrekturen, Winkelkorrekturen (Cosine), Windrichtungen
- DOPE pro TRP (Data On Previous Engagements)
- Maximal wirksame Schussentfernung (MEL)
Praxis: So setzt du die Range Card sinnvoll ein
Nehmen wir ein Beispiel aus der PRS- oder Jagdpraxis:
Du beziehst Stellung auf einem Kamm mit Blick über ein weitläufiges Tal. Du bereitest dich auf Schüsse in einem Sektor von etwa 800 m Breite und 1.000 m Tiefe vor.
Deine Schritte:
- Geländeanalyse & TRPs bestimmen:
Mithilfe eines Entfernungsmessers oder Ballistikrechners vermisst du 3–5 markante Objekte im Gelände (z. B. Baum, Scheune, Felsen, Schneise). - Haltewerte ermitteln:
Du trägst die für diese Entfernungen notwendigen Elevation- und ggf. Wind-Holds ein. Beispiel:
- TRP1 (Felsen links, 380 m): Holdover +0,9 MIL
- TRP2 (Scheune Mitte, 640 m): DOPE bereits eingedreht
- TRP3 (Schneise rechts, 750 m): +2,1 MIL
Diese Werte trägst du direkt neben den TRP-Namen auf der Karte ein.
- Vorwahl DOPE:
Du entscheidest dich, dein Absehen auf den wahrscheinlichsten Schussbereich (z. B. 640 m) voreinzustellen. - Windkorrekturen:
Du notierst z. B. „2 MIL Wind links bei 5 m/s aus 9 Uhr“, ggf. variabel über die Entfernung hinweg.
Taktischer Vorteil im Einsatz
Sobald ein Ziel auftaucht – z. B. ein Reh bei der Felsenklippe – brauchst du nicht mehr zu schätzen, zu messen oder neu einzuwählen. Du schaust auf die Karte: 380 m, +0,9 MIL Haltewert. Schuss. Treffer.
Dieser Ansatz spart Zeit, Rechenarbeit und Fehlerquellen – insbesondere unter Stress oder in dynamischen Situationen wie PRS- oder Field Shooting.
Fazit: Jede Minute Vorbereitung zahlt sich aus
Eine gute Range Card zu erstellen, kostet dich 10–15 Minuten – doch sie gibt dir
Sicherheit, Übersicht und Geschwindigkeit zurück.
Egal ob du allein schießt oder im Team mit Spotter arbeitest – wenn alle Referenzen klar sind, läuft die Kommunikation schnell und präzise:
„Ziel 10 m rechts vom Felsen – TRP1 – +1 MIL“ statt „da bei dem Busch, oder doch der andere…“
Optional: Was du brauchst
- Ballistik-Logbuch oder digitale App (Strelok, Hornady 4DOF etc.)
- Entfernungsmesser / LRF
- Windmesser oder Erfahrung
- Kartenmaterial oder Luftbild (für große Reviere hilfreich)
- Permanentmarker und wasserfestes Papier (für den Außeneinsatz)